SG-Eurofighter in Topform

Vor der heutigen Runde erhielten einige SG-Spieler von einem der Schiedsrichter das Kompliment, das wir bereits jetzt das »best dressed team« seien. Beim Europapokal kommen nämlich erstmals die neuen Trikots zum Einsatz, die in einem kräftigen Blau mit den Logos des neuen Sponsors Forst, unserer Schachgesellschaft und der Schachbundesliga fast ein wenig an Fußball-Trikots erinnern.

Solinger Chic!(Quelle: facebook.com/bilbaochess/photos_stream)
Solinger Chic!
(Quelle: facebook.com/bilbaochess/photos_stream)

Vielleicht hat dieses Outfit ja beflügelnde Wirkung, denn in der zweiten Runde kam unser Sextett nach hervorragender Leistung zu einem ungefährdeten und auch in dieser Höhe verdienten 5½:½ gegen die an Position 25 gesetzte französische Mannschaft von Cercle d’Echecs de Bois Colombes.

Im Duell mit den Franzosen war uns wie am Vortag ein »Heimspiel« zugelost worden, so dass alle Spieler die gleiche Farbe wie am Vortag hatten mit Ausnahme des heute pausierenden Jörg Wegerle, für den heute Markus Schäfer ins Team rückte. Die größten Elo-Differenzen gab es an den hinteren Brettern zu verzeichnen und genau dort fielen die ersten Entscheidungen:

Mads Andersen profitierte als Weißer im Gligoric-System eines klassischen Königsinders vom verfehlten 17… Le5 von Clement Metzger (2215), das einfach zwei Bauern einstellte, wonach Mads schnell die Führung erzielte. Auch Markus Schäfer konnte in einem klassischen Franzosen mit Schwarz nach bereits 24 Zügen einen vollen Zähler erzielen, nachdem Boris Plane (2057) ausgangs der Eröffnung einen verfehlten Plan wählte und Markus mit mehreren Figuren entscheidend in die weiße Stellung eindringen konnte.

Sandipan Chanda zeigte sich heute von seinem gestrigen Drama gut erholt und brachte in einer ausgeglichenen Nimzo-Indisch-Position gegen GM Mikhail Kozakov (2490) ein schönes intuitives Springeropfer auf f7, das dem Ukrainer in der Verteidigung zu große praktische Probleme bescherte, um sie bei knapper Bedenkzeit zu lösen, was das 3:0 zur Folge hatte. Alex Naumann spielte mit Schwarz gegen FM Thomas Dionisi (2392) ähnlich wie gestern eine zweischneidige Eröffnung, als er in einem sizilianischen Igel-Aufbau mit frühem h5 das Spiel verschärfte. Der Franzose versuchte im Zentrum durchzubrechen, gewann jedoch lediglich eine Qualität für zwei Bauern. In der Folge konnte Alexander dieses Materialverhältnis sukzessive zu seinem Vorteil nutzen und gewann bereits vor der Zeitkontrolle entscheidendes Material.

Erwin L’Ami  zeigte sich über den Verlauf an den übrigen Brettern sehr erfreut. So konnte er sich darauf beschränken, mit Schwarz gegen GM Matthieu Cornette (2548) in einer schottischen Partie grundsolide zu agieren und musste keine unnötigen Risiken eingehen. Umsichtig wurden jegliche Verwicklungsversuche des Franzosen neutralisiert und schließlich in einem völlig ausgeglichenen Turmendspiel Frieden geschlossen. Die Partie des Tages spielte am Spitzenbrett Markus Ragger, der gegen den Bogo-Inder des ägyptischen GM Amin Bassem (2648) eine scharfe Mode-Variante wählte, die sein Kontrahent zunächst gut neutralisierte. Kurz vor der Zeitnotphase griff er jedoch daneben, wonach Markus am Königsflügel aufgrund von Mattdrohungen Material gewinnen konnte und den passenden Schlusspunkt unter ein ganz starkes 5½:½ setzte.

Die einzige kleine »Niederlage« des Tages musste Jörg Wegerle als Ersatz-Kapitän hinnehmen. Die spanischen Organisatoren glänzen nämlich aktuell weiter eher durch eine wenig durchdachte Überregulierung der Abläufe. So ist es den Spielern während der Partien strikt untersagt, den Spielbereich zu verlassen, was natürlich auch absolut sinnvoll ist. Zu diesem Zweck erhalten sie alle einen kleinen Button, der sie als Spieler kennzeichnet.

Nach dem Partieende werden sie allerdings häufig sehr zügig aufgefordert, den Spielbereich zu verlassen und sie haben im Anschluss auch ebenso keinen Zugang wie die Zuschauer und können so auch die Partien ihrer noch spielenden Teamkollegen nicht beobachten. Dies gilt allerdings nicht für den Kapitän einer Mannschaft – eine Position, die heute von Jörg in Vertretung des spielenden Markus in Übereinstimmung mit den Regularien übernommen wurde. Leider haben die Organisatoren nicht berücksichtigt, dass in diesem Falle die Akkreditierung als Spieler wenig hilfreich ist, so dass Jörg bei seinem kurzen Verlassen des Spielbereichs nervige Diskussionen mit den Organisatoren führen musste, die sich allerdings nicht kooperativ zeigten, so dass er schließlich dauerhaft bei der Mannschaft verblieb.  Dies ist übrigens selbst bei Top-Leistungen wie am heutigen Tag auch kein reines Vergnügen. Denn für die Mannschaftsführer gibt es ebenso wenig wie für die meisten Schiedsrichter einen Stuhl oder Tisch, sondern der Kampf ist dauerhaft stehend zu verfolgen …

Es bleibt zu hoffen, dass die Organisation morgen zumindest die heute erneut wackelige Internet-Übertragung in den Griff bekommt, damit die Schlach­ten­bumm­ler in Solingen den morgigen Topkampf gegen das an Position 7 gesetzte Team von Odlar Yourdu aus Aserbaidschan verfolgen können.

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