Bashylina und Schröder mit Top 30-Platzierungen bei Jugend-Europameisterschaft

Luisa Bashylina
Beste Deutsche bei der U10w-Europameisterschaft:  Luisa Bashylina

Vom 19.- 28. 08.2016 fanden in Prag die Jugend-Europameisterschaften statt. Während die FIDE inzwischen aufgrund der Größe der Teilnehmerfelder die WM in zwei verschiedene Veranstaltungen für die jüngeren und älteren Altersklassen aufgeteilt hat, spielen bei den kontinentalen Titelkämpfen der ECU weiterhin die 12 Turniere der sechs Altersklassen von U8 bis U18 zentral an einem Ort, was in diesem Jahr zur neuen Rekord-Teilnehmerzahl von 1309 Spielern führte, zu denen sich noch einmal ca. 700 Eltern, Trainer und Betreuer gesellten.

Mit dabei waren in diesem riesigen Feld auch die beiden vielleicht größten SG-Jugendtalente. Sowohl für unseren Neuzugang Kevin Schröder als auch Luisa Bashylina war es die erste Teilnahme an einer Europameisterschaft. Während der 16jährige Kevin aber immerhin auf die Erfahrung zweier Jugend-WM-Teilnahmen zurückblicken konnte und erst vor einem Monat für die Nationalmannschaft bei der U16-Olympiade aktiv gewesen war, war es für die 10jährige Luisa die erste internationale Meisterschaft überhaupt.

Luisa startete in der U10w und hatte ihre Teilnahmeberechtigung erst durch einige gute Open-Resultate im Juni erhalten, nachdem sie die direkte Qualifikation zur Europameisterschaft durch Platz 4 bei den Deutschen Meisterschaften im Mai hauchdünn verpasst hatte. Aufgrund ihrer starken Leistungen bei vielen offenen Turnieren in der vergangenen Saison hatte sie sich aber die sehr beachtliche Elo-Zahl von 1664 erspielt, wodurch sie sich plötzlich auf Platz 5 der Setzliste im Feld der 106 Mädchen wiederfand.

Somit gesellte sich zur üblichen Nervosität bei der EM-Premiere auch die persönliche Hoffnung und Erwartungshaltung, vielleicht ganz vorne mitspielen zu können. Derartige Prognosen sind aber gerade in den jungen Altersklassen häufig sehr schwierig, zumal die Elo-Zahlen insbesondere bei den jüngsten Jahrgängen eine nur sehr bedingte Aussagekraft haben. Diese Erfahrung musste auch Luisa machen, die nach einem Auftaktsieg gegen die Italienierin Emma Cassanelli (1273) der Russin Ekaterina Donchenko (1362) klar unterlag. Nach ihrem zweiten Sieg gegen die Polin Kuczynska (1266) folgte dann leider das schwächste Turnierdrittel, in der sie nach einem Remis gegen die ungarische WCM Amina Markus Molli (1324) sowohl gegen die Ukrainerin WCM Veronika Veremiuk (1330) als auch gegen Anna Schneider (1332) verlor, die sie bei der deutschen Meisterschaft noch hatte bezwingen können.

Doch nach dieser etwas enttäuschenden Zwischenbilanz von 2½/6 zeigten sich Luisas kämperische Qualitäten und ihre psychologische Stabilität, da sie in den letzten drei Runden die Engländerin Radha Ratnesan (1074), die Russin Olga Anchikova (1283) und schließlich auch noch die Spanierin Aitana Portero Bravo (1228) bezwingen konnte. Der Lohn für diesen exzellenten Endspurt war ein 28. Platz mit 5½/9, durch den Luisa das Turnier als beste Deutsche abschloss, so dass sie nach einer spannenden und schönen Woche in Prag höchst motiviert für weitere Aufgaben von ihrer ersten internationalen Meisterschaft heimkehrte.

Tabelle U10w

Kevin Schröder
FM Kevin Schröder (Quelle: schachbundesliga.de)

Für Kevin Schröder war der bisherige Turniersommer nicht optimal gelaufen, so dass er nach einigen Elo-Verlusten »nur« Rang 31 in der Startrangliste der 131 Spieler einnahm. Nach dem etwas unglücklichen Ende  der U16-Olympiade war der 16jährige, der in der Vorwoche beim Sparkassen-Cup in Gütersloh bereits wieder aufsteigende Tendenz gezeigt hatte, sehr motiviert, sich auch auf internationaler Bühne von seiner stärksten Seite zu zeigen.

Doch der Turnierstart geriet zu einer zähen Angelegenheit: in seinen ersten beiden Weiß-Partien gegen den Mazedonier Miroljub Cirovic (1943) und den Holländer Michal Sloczewski (1920) war Kevin stets am Drücker, doch es reichte jeweils gegen zähe Verteidigung nur zu einem Remis aus besserer Position. Dank zweier sauber herausgespieler Schwarz-Siege gegen die beiden Tschechen Chwistek (1961) und Jurasek (1859) hatte er aber zur Turnierhalbzeit mit 3/4 durchaus Tuchfühlung zu den Spitzenplätzen.

Leider hatte er dann etwas Auslosungspech und erhielt gegen seinen ersten stärkeren Gegner, den moldavischen FM Andrei Macovei (2382) noch einmal Schwarz. Im Mittelspiel streute Kevin nach gut gelaufener Eröffnungsphase ein paar kleinere Ungenauigkeiten und geriet dann in der Zeitnotphase in ein schlechtes Endspiel mit zwei Minusbauern, das er trotz zäher Gegenwehr nicht mehr halten konnte. Doch Kevin steckte nicht auf und spielte sich mit zwei souveränen Erfolgen über den Slovaken FM Victor Haring (2105) und den Georgier Akhli Avlediani (2120) wieder nach vorne. Nach sieben Runden lag er mit 5 Punkten auf dem geteilten 10. Platz und hatte bei einem guten Finish beste Aussichten auf eine Topplatzierung.

Doch es sollte nicht sein:  die Auslosung der 8. Runde bescherte Kevin eine vermeintlich lösbare Aufgabe, da er mit Weiß gegen den Tschechen Arsenij Anaskin (2054) antreten musste. Doch bei sehr vielen Jugendlichen aus den osteuropäischen Nationen sind die niedrigen Elo-Zahlen oft sehr trügerisch, da sie oft aus einem Mangel an starken Elo-gewerteten Turnieren in den jeweiligen Ländern resultieren und die wahre Spielstärke oft nicht angemessen widerspiegeln. Hier geriet Kevin nach einer Fehleinschätzung in einem taktischen Schlagabtausch in einem königsindischen Mittelspiel schnell in die Defensive und konnte die Partie schließlich nur mit zäher Verteidigungsarbeit Remis halten. Als »Belohnung« bescherte ihm die Schlussrunden-Auslosung den Serben Mihajlo Radovanovic (2374). Im Falle eines Sieges wäre vielleicht noch eine Top-Ten-Platzierung möglich gewesen, doch Kevin geriet mit Schwarz schnell in die Defensive und verlor recht chancenlos.

So musste er mit 5½/9 und dem 29. Platz zufrieden sein, was seiner nominellen Erwartung entsprach. Dennoch zeigte er, dass bei etwas besserer Form eine Spitzenplatzierung auf jeden Fall möglich ist und wird sich die in Prag verlorenen Elo-Punkten bestimmt schon sehr bald wieder zurückholen.

Endstand U16

Der gesamte Verein gratuliert auf diesem Wege noch einmal unseren zahlreichen Talenten, die in diesen Sommerferien auf vielen verschiedenen Meisterschaften und Turnieren für sehr positive Schlagzeilen sorgten!

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