SG-Frauen gewinnen »Achterbahn«-Kampf gegen Harksheide

Falls jemand noch einen Beweis verlangt hätte, wie spannend und nervenaufreibend Mannschaftskämpfe sein können, so hätte man ihn einfach nur am Samstag Abend an einen der vier Mannschaftsführer verweisen müssen, die in Hemer zur 5. Runde der Frauen-Bundesliga vor Ort waren. In beiden Kämpfen wogten die Vorteile hin und her, so dass unser Captain Rafael Müdder mehr als glücklich war, dass nach weit über 5 Stunden Spielzeit ein 4:2-Erfolg gegen TuRA Harksheide verbucht werden konnte, der uns zwei immens wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt einbrachte. Dementsprechend gelöst war die allgemeine Stimmung beim abendlichen Mannschaftsessen:

6 erfolgreiche Damen und 3 stolze Väter (Roman Bashylin, Rafael Müdder, Nicky van Foreest)

Nach der dreimonatigen Winterpause war klar, dass das von unserem Reisepartner SV Hemer ausgerichtete Wochenende von besonderer Wichtigkeit im Abstiegskampf sein würde. Schließlich trafen die Gastgeber und wir mit jeweils 3:5 Zählern auf die Mannschaften von TuRa Harksheide und den Hamburger SK, die nach einem sehr schweren Auftaktprogramm beide noch mit 2:6 Punkten hinter uns in der Tabelle rangierten.

Dennoch war gegen Harksheide ein sehr ausgeglichener Kampf zu erwarten. Eberhard Schabel hat dort im letzten Jahrzehnt basierend auf einer hervorragenden Jugend- und vor allem Mädchenarbeit eine Mannschaft in der Frauenbundesliga etabliert, die sich seit vielen Jahren erfolgreich im Abstiegskampf behauptet. Die Norderstedter hatten einige organisatorische Hindernisse durch den Streik an vielen Flughäfen am Freitag zu überwinden, waren dann aber zum Glück am Samstag rechtzeitig und vollzählig in der Aula des Friedrich-Leopold-Woeste-Gymnasiums vor Ort, wo der SV Hemer seine Heimkämpfe traditionell austrägt.

Die ersten drei Stunden des Kampfes verliefen absolut in unserem Sinne. Inna Gaponenko erreichte am Spitzenbrett gegen WGM Julia Antolak (2273) eine problemlose Punkteteilung in einem angenommenen Damengambit. Auch an den übrigen Bretter gab es positive Entwicklungen zu verzeichnen. Anna Zozulia arbeitete gegen die kraoatische WFM Annamarija Radikovic (2086) mit Weiß in einem klassischen Sizilianer schrittweise positionelle Vorteile heraus und gewann schließlich vor der Zeitkontrolle entscheidendes Material, was für uns die Führung bedeutete. Anna’ s Gegnerin stürzte im Anschluss zudem auf einer Treppenstufe und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Zwar ging es ihr am Sonntag bereits wieder besser, aber zur Partie gegen Hemer konnte sie trotzdem nicht antreten, so dass wir auf diesem Wege noch einmal gute Besserung wünschen!

Führungstreffer durch Anna Zozulia

Kurze Zeit später konnten wir uns sogar über eine Zwei-Punkte-Führung freuen, denn Machteld van Foreest feierte einen famosen Einstand in der Frauen-Bundesliga bei ihrem Debüt im SG-Dress. Die 15jährige Schwester unseres Bundesligaspitzenspielers Jorden van Foreest gewann im Mittelspiel einer sehr positionellen Italienisch-Partie gegen die slowenische Spitzenspielerin IM Laura Unuk (2298) eine Qualität und neutralisierte im Anschluss die schwarze Kompensation, was nach vier Stunden die erste Saisonniederlage ihrer Gegnerin bedeutete.

Beim Stand von 2½: ½ wäre Teamchef Rafael Müdder basierend auf den restlichen Positionen zu Beginn der vierten Spielstunde von einem deutlichen Sieg ausgegangen, doch an den verbleibenden drei Brettern war in der Zeitnotphase so ziemlich alles schief gegangen, was schief laufen konnte.

Annmarie Mütsch hatte mit Schwarz gegen WIM Zala Urh (2288) bequem ausgeglichen, dann jedoch in Zeitnot im Angriff einen Turm geopfert, was objektiv ein Dauerschach zur Folge gehabt hätte. Doch Annmarie agierte noch ambitionierter, was ihrer Gegnerin allerdings die Option gab, unter Damenopfer den Angriff abzuwehren und dank ihres weit vorgerückten Freibauern letztlich eine Position mit Mehrturm zu erreichen, für den Annmarie letztlich nur zwei Bauern besaß.

Noch unglücklicher lief es bei Melanie Müdder, die gegen Inken Köhler (2015) mit einem für den offenen Sizilianer typischen temporären Standardopfers ihres Springer auf d5 eine bessere Stellung herausgearbeitet hatte, um in Zeitnot eine Qualität einzustellen, so dass sie kurze Zeit später aufgeben musste.

Wenig erfreulich war auch der Verlauf bei Luisa Bashylina, die mit Schwarz gegen Carina Brandt (2056) eine Traumstellung in einem Najdorf-Sizilianer erreicht hatte, in der sie dank ungleichfarbiger Läufer und offener Linien gegen den am Damenflügel befindlichen weißen König exzellente Angriffschancen besaß. Doch sie verpasste in der Zeitnotphase nicht nur den Gewinn, sondern verlor auch schrittweise die Kontrolle über die Stellung, so dass die Position nach 40 Zügen objektiv noch ausgeglichen, aber psychologisch nach dem Spielverlauf für Luisa bereits schwer zu spielen war.

Als Rafael bereits seine Hoffnungen darauf minimierte, aus diesem zuvor so klaren Kampf wenigstens noch einen Mannschaftspunkt durch ein Remis von Luisa mitnehmen zu können, drehte sich das Momentum erneut. Carina Brandt hatte einen taktischen Blackout und übersah einen Figurenverlust durch eine simple Fesselung, was den unerwarteten und in diesem Moment schmeichelhaften Siegtreffer für uns bedeutete. Es passte zu diesem völlig verrückten Kampfverlauf, dass Annmarie trotz ihres großen materiellen Defizits sehr zäh verteidigte, ihrer Gegnerin immer neue Probleme wegen ihres offenen Königs stellte und letztlich sogar mit einem unerwarteten Dauerschach zum Endstand von 4:2 belohnt wurde.

Durch diesen immens wichtigen Sieg weisen wir nun 5:5 Zähler auf und haben uns erst einmal mit 3 Punkten von den Abstiegsrängen abgesetzt. Morgen treffen wir auf das an diesem Wochenende sehr ersatzgeschwächte Sextett des Hamburger SK, das heute in einem ebenso dramatischen Kampf die Gastgeber des SV Hemer mit 3½:2½ bezwangen, nachdem die Hanseatinnen in den beiden letzten verbleibenden Partien zwei verlorenene Turmendspiele noch Remis halten konnten.

Die mitfiebernden und -leidenden Mannschaftsführer (v.l.: Andreas Jagodzinsky (Hemer), Rafael Müdder, Georgios Souleidis (HSK) und Eberhard Schabel (Harksheide).

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