An einem sportlichen Traumwochenende, an dem alle sieben Mannschaftskämpfe gewonnen werden konnten, hat die II. Mannschaft für ein besonderes Ausrufezeichen gesorgt. Mit einem nicht erwarteten 4½:3½ gelang gegen den SV Koblenz der zweite Sieg und das Team findet sich im Kampf um den Klassenerhalt nach zwei Spieltagen mit 4:0 Zählern an der geteilten Tabellenspitze wieder. Sieggarant war diesmal die Jugend, denn die Siegpunkte wurden durch die drei jüngsten Akteure Stefan Wickenfeld, Kevin Schröder und Jan Hobusch erzielt.
Im April hatte unsere Zweite am letzten Spieltag der Vorsaison eine chancenlose 2½:5½-Niederlage gegen den SV Koblenz erlitten, so dass die Gäste diesmal als klarer Favorit angesehen wurden. Als sie jedoch das Schachzentrum ohne einen ihrer drei ausländischen GM-Spitzenbretter erreichten, war zumindest die Hoffnung auf einen Punktgewinn gegeben, da die beiden Teams nominell nun praktisch ausgeglichen waren.
Der Auftakt verlief dann auch genau in unserem Sinne. Nach einem kurzen Remis von Markus Schäfer mit Schwarz in einer Slawisch-Abtauschvariante gegen FM Michael Hammes (2347), sorgte Ersatzmann Stefan Wickenfeld für die frühe Führung. Stefan hatte in der Vorsaison gegen FM Dr. Thomas Bohn (2323) glatt verloren und bekam nun die Gelegenheit zur Revanche. In einem klassischen Franzosen erhielt er im frühen Mittelspiel eine sehr aussichtsreiche Position und konnte die Partie mit einem hübschen Königsangriff für sich entscheiden.
Es folgte eine Punkteteilung von Michael Berg, der zufrieden war, dass er gegen FM Volker Wolf mit einem Remis davon gekommen war. Mit Weiß spielte Michael gegen den gegnerischen Stonewall-Aufbau zu optimistisch und litt an seinen Bauernschwächen. Doch es geling ihm unter Bauernopfer hinreichende Kompensation zu generieren und noch den Remishafen im Turmendspiel zu erreichen. Weniger erfolgreich war Thomas Michalczak, der mit Schwarz gegen die zahme Eröffungsbehandlung von IM Dario Doncevic (2259) aggressiv vorgegangen war, aber den geopferten Bauern niemals wieder sah und schließlich kurz vor der Zeitkontrolle die Waffen strecken musste.
Somit stand es nach vier Stunden 2:2 und der Ausgang des Kampfes erschien völlig offen, denn an allen vier verbliebenen Brettern versuchten die Weißspieler ihre Vorteile gewinnbringend zu realisieren. Zunächst gelang dies Kevin Schröder in seiner Partie gegen Lutz Fritsche (2307), womit er unsere Führung erneuerte. Kevin hatte aus einer seltenen Königsindisch-Variante großen Vorteil inklusive Mehrbauern erlangt, musste nach kleineren Ungenauigkeiten aber noch lange arbeiten, um in einem Turmendspiel mit Springer gegen Läufer seinen Vorteil zur Geltung zu bringen, was ihm dank guter Endspieltechnik letztlich jedoch gelang.
Danach folgte ein enorm wichtiges Remis von Jörg Wegerle, der am Spitzenbrett mit Schwarz gegen IM Georg Seul (2419) antreten musste, der erst vor wenigen Wochen beim Isle-of-Man-Open ein großartiges Turnier gespielt und eine GM-Norm nur knapp verfehlt hatte. Beide wiederholten die Rossolimo-Variante im Sizilianer, die auch vor zwei Tagen in der ersten Partie des WM-Kampfes diskutiert worden war. Doch im Gegensatz zu Magnus Carlsen, der mit Schwarz schnell Vorteil erhielt, geriet Jörg in eine etwas passive Stellung und musste sich zäh verteidigen. Dies ist jedoch bekanntlich eine Spezialität von ihm und als Seul in der Zeitnotphase den Damentausch zuließ und damit das weiße Angriffspotential gegen den geschwächten schwarzen König minimierte, hatte Jörg keine größeren Probleme mehr, das nur leicht schlechtere Endspiel zu halten.
Dafür gelang den Gästen später in der Partie von Marc Repplinger (2201) gegen Milon Gupta der erneute Ausgleich. Repplinger hatte in einem Katalanen einen Bauern für langfristige Kompensation geopfert und es gelang Milon trotz Rückgabe des Mehrbauern nicht, vollständigen Ausgleich zu erzielen. So landete er in einem sehr beschwerlichen Doppelturmendspiel, in dem er aufgrund seiner passiver Türme und einiger Bauernschwächen zur langwierigen Verteidigung verurteilt war. Schließlich versuchte er unter Abgabe eines Bauern und Bildung eines eigenen Freibauern etwas Gegenspiel zu generieren, aber die bessere weiße Figurenkoordination und Bauernstruktur von Repplinger setzte sich schließlich nach 70 Zügen doch durch.
So kam es drei Wochen nach dem Auftakt in Aachen zu einem Déja Vu: erneut stand es 3½:3½ und wieder war es Jan Hobusch, der in der letzten laufenden Partie versuchte, einen Mehrbauern im Endspiel zu verwerten. Er hatte in einem Damengambit gegen FM Neil Stewart (2211) die gegnerischen hängenden Bauern im Mittelspiel erfolgreich attackiert und ein Turmendspiel mit fünf gegen vier Bauern erreicht. Allerdings ist die hohe Remistendenz derartiger Endspiele hinlänglich bekannt, doch Jan behielt die Nerven und wickelte in ein Endspiel mit zwei gegen einen Bauern ab, bei dem einer seiner Freibauern die Partie zum umjubelten Siegtreffer entschied.
Nach diesem Traumstart mit 4:0 Zählern ist das Team um Markus Schäfer dem angestrebten Klassenerhalt deutlich näher gekommen und reist in bereits zwei Wochen selbstbewusst zum Aufsteiger SV Oberursel nach Hessen.