Auftakt-Remis beim Start der Deutschen Online-Liga

Als Reaktion auf den seit Monaten aufgrund der Corona-Pandemie ruhenden Spielbetrieb organisiert der Deutsche Schachbund in diesem Sommer erstmals die Deutsche Schach-Online-Liga, bei der mit einer längeren Bedenkzeit von 45 Minuten/Partie + 15 Sekunden/Zug Mannschaftskämpfe an vier Brettern auf dem Playchess-Server von Chessbase durchgeführt werden. Zur Premiere gab es für unsere Mannschaft ein 2:2 im Duell mit der zweiten Mannschaft des Hamburger SK, das leider von massiven technischen Problemen überschattet war.

Die britische 4-Nations-Chessleague (4 NCL) war die erste Liga, die ihre reguläre Saison in eine Online-Austragung transferierte. Der Deutsche Schachbund präsentierte im Juni ein ähnliches Format, das nach der mehrmonatigen schachlichen Zwangspause nun in der Sommerpause zumindest wieder im Internet Mannschaftskämpfe ermöglichen sollte. Traditionell besteht das Turnierangebot im Netz aus Einzelturnieren (manchmal auch mit einer Mannschaftswertung wie die Lichess-Quarantäne-Ligen) im Blitz- oder Bulletmodus. Dagegen möchte die Deutsche Schach-Online-Liga (DSOL) einerseits Partien mit einer längeren Bedenkzeit ermöglichen und auch die üblichen Gepflogenheiten eines Mannschaftskampfes (feste Aufstellungsrangfolge, vorherige Abgabe der Aufstellungen am Spieltag etc.) simulieren.

Die erste Ausrichtung fand mit der Teilnahme von 246 Mannschaften eine sehr gute Resonanz. Diese wurden basierend auf dem DWZ-Schnitt der vier besten Spieler des Kaders in acht Ligen mit 32 Mannschaften zugeordnet. Die jeweiligen Ligen bestehen aus vier Gruppen mit acht Mannschaften, die in sieben Wochen im Rundensystem die beiden Erstplatzierten ermitteln, welche dann in den Playoffs im KO-System den ersten Titelträger ausspielen.

Unser SG-Quartett wurde in die B-Gruppe der 1. Liga eingeordnet und gehört dort nominell zum Mittelfeld. Sehr schön war es, dass es ausgerechnet zur Premiere dieses Wettbewerbs zum Duell der beiden Vereine kam, die als einzige seit der Gründung der Bundesliga im Jahre 1980 dort vertreten sind. Wir hatten »auswärts« beim Hamburger SK II anzutreten, der mit GM Thies Heinemann (2505) und IM Norbert Sehner (2221) zwei Titelträger aufbot und somit als Favorit in die Begegnung ging.

Leider zeigten sich bereits zum Auftakt die Tücken der Austragung auf dem Chessbase-Server. Dem Gegner von Stefan Speck gelang es erst eine Stunde nach Spielbeginn, sich im korrekten Turnierrraum einzuloggen, so dass Stefan nach einem kampflosen Sieg sich der Rolle des Online-Kiebitz zuwenden konnte.  Die einzige Partie, die ohne technische Schwierigkeiten verlief, hatte Dr. Anton Hannewald, der dafür über schachliche Probleme beklagte. In der Eröffnung verwechselte er zwei Varianten und vermischte so unglücklich zwei Pläne, die seiner Gegnerin Bettina Meyer (1878) frühzeitig zwei imposante weiße Bauern auf e6 und d5 bescherte. Anton  probierte es mit einem Qualitätsopfer und konnte etwas Gegenspiel erzeugen. Doch vollständigen Ausgleich erreichte er nicht mehr und musste sich im Endspiel geschlagen geben.

Dagegen ging es an den beiden Spitzenbrettern technisch drunter und drüber, so dass die guten spielerischen Leistungen in den Hintergrund rückten. Jan Hobusch agierte gegen das Hamburger Bundesliga-Urgestein Thies Heinemann mit seinem Londoner System gewohnt solide, wurde jedoch während seiner Partie über 40 Mal vom Server getrennt. Die ganze Sache wurde dadurch noch merkwürdiger, dass Jan jedes Mal nach dem Wiedereinloggen wieder seine alte Bedenkzeit angezeigt wurde, so dass er bald über 20 Minuten Zeitvorteil besaß, obwohl beide Akteure ungefähr gleich schnell spielten.

Die Uhr spielte auch am zweiten Brett eine besondere Rolle, wo der mit den schwarzen Steinen gewohnt kompromißlose aufspielende Stephan Borchert sich mit einem Königsindisch-Aufbau gegen die englische Eröffnung von IM Sehner Vorteile dank seines Läuferpaares erspielen konnte. Leider klagten beide darüber, dass bei ihnen völlig unterschiedliche Bedenkzeiten angezeigt wurden, die auch nicht nachvollziehbar manchmal einige Minuten abzogen und wieder hinzu addierten. Schließlich wurde Stephan  vom Server getrennt und konnte sich trotz mehrfacher Versuche nicht mehr einloggen.

Zum Glück besteht zwischen dem HSK und uns seit Jahren ein ausgezeichnetes Verhältnis, so dass die beiden Mannschaftsführer Evi Zickelbein und Oliver Kniest hier zusammen mit den vier Spielern beschlossen, den Kampf aufgrund der massiven technischen Beeinträchtigungen salomonisch zu beenden.  Die beiden Weiß-Spieler gaben ihre leicht schlechter stehenden Partien auf und es ergab sich ein in Anbetracht der Umstände leistungsgerechtes 2:2. 

Es bleibt zu hoffen, dass die technischen Probleme bald beseitigt werden und wir spielerisch an die heutige Leistung anknüpfen können, wenn am 06.07.2020 unser zweiter Kampf gegen den Hamelner SV auf dem Programm steht.

DSOL-Seite
Tabelle 1. Liga- Gruppe B