Bayern eine Nummer zu groß

Bundesliga-Derby beim Europapokal (Foto: Fiona Steil-Antoni /ECU)

In der 4. Runde des Europapokals mussten wir uns heute im Bundesliga-Derby gegen Bayern München mit 1:5 geschlagen geben. Der Mannschaftssieg der nominell deutlich favorisierten Bayern ging selbstverständlich in Ordnung, spiegelte in dieser Höhe aber nicht unbedingt die zahlreichen umkämpften Partien wider, von denen vier erst nach der Zeitkontrolle entschieden wurden. Für den Ehrentreffer sorgte wie vor zwei Tagen erneut Stefan Wickenfeld, der seinen Score damit auf 2½/3 ausbauen konnte.

Die Duelle zwischen Solingen und Bayern München gehören bereits seit fast 40 Jahren zu den Klassikern der deutschen Schachszene. In den 80er Jahren war es häufig eines der entscheidenden Duelle im Meisterschaftsdreikampf mit der SG Porz. Dann erlebten die Bayern ihre Blütephase zu Beginn der 90er-Jahre und konnten 1992 sogar den Europapokal neben insgesamt 9 deutschen Meistertiteln gewinnen, bevor die Mannschaft nach dem Tod von Mäzen Heinrich Jellissen einige Jahre aus der Bundesliga verschwand.

Schließlich kehrten die Bayern zurück und haben sich nach einigen Jahren als Abstiegskandidat, der sich manchmal nur durch Rückzüge anderer Teams in der Liga halten konnte, inzwischen dank gezielter Aufbauarbeit unter Teamchef Jörg Wengler im oberen Ligamittelfeld etabliert. Unsere letzten beiden Kämpfe in der Bundesliga endeten jeweils mit einem für uns glücklichen 4:4.

Ein Unentschieden wäre in Mayrhofen bereits ein Traumergebnis für uns gewesen, da die Bayern im Gegensatz zu uns mit einem vollständigen Bundesligateam am Start sind und am Spitzenbrett sogar ihr Neuzugang vom Lokalrivalen München 1836, GM Amin Tabatabaei (2657) sein Debüt gibt.

Ähnlich wie vor zwei Runden gegen Offerspill waren wir daher klarer Außenseiter und als weitere Parallele bekam Thomas Michalczak in seiner Partie gegen IM Linus Johansson (2461) erneut einen klassischen Franzosen aufs Brett. Wie vor zwei Tagen ging Tom sofort in den Angriffsmodus und investierte Material für seinen Königsangriff. Doch die Stellung war sehr kompliziert zu spielen und als er zweimal nicht den präzisesten Zug zur Wahrung seiner durchaus vielversprechenden Initiative gewählt hatte, konnte sich der Schwede schnell befreien und erhielt dank des Materialvorteils eine Gewinnstellung, die er noch vor der Zeitkontrolle verwertete.

Am Nebenbrett ging bei Georg Halvax die Eröffnung mit Schwarz gegen GM Sebastien Bogner (2548) leider daneben. Von der Katalanisch-Variante des für die Schweiz spielenden Bogner überrascht, improvisierte Georg frühzeitig, übertrieb es dabei aber etwas mit der Kreativität und landete schnell in einer positionellen Verluststellung. Durch ein Figurenopfer für zwei Bauern konnte er dank seiner Bauernkette am Damenflügel zumindest etwas Gegenspiel erzeugen und die Verwertung des weißen Übergewichts gestaltete sich mühevoller als erwartet.

Dafür verliefen die Partien an den anderen Brettern durchaus zufriedenstellend. So konnten sowohl Alexander Naumann gegen GM Amin Tatatabaei (2657) in einem modernen Englisch/Königsindisch-Hybrid als auch Michael Berg in einem klassischen Slawen mit 4. e3 gegen IM Michael Fedorowsky (2410) bequem ausgleichen. Auch Jonas Roseneck war mit seiner leichten Initiative gegen das angenommene Damengamit von GM Niclas Huschenbeth (2593) durchaus zufrieden.

Stefan Wickenfeld hatte gegen FM Makan Rafiee (2316) in einem positionellen Italiener zunächst kleine positionelle Vorteile besessen, die dann aber verflacht waren. In beiderseitiger Zeitnot lehnte der Münchner ein Remisangebot von Stefan ab, um kurz darauf eine Figur einzustellen, was für uns den schmeichelhaften Ausgleich bedeutete.

Dafür liefen die anderen Zeitnotphasen wie so häufig eher im Sinne der Favoriten. Besonders Alex war sehr verärgert, dass er in einem ausgeglichenen Leichtfigurenendspiel überhaupt den Übergang in ein Springerendspiel gewählt hatte, statt jeweils noch einen Läufer auf dem Brett zu behalten. Als er dann noch in einer Variante völlig übersehen hatte, dass Tabatabaei den schwarzen Springer nach dessen geplanten Bauernraub auf a2 einfangen könnte, ging ein Bauer und damit das Endspiel schnell verloren. Wie so häufig zeigen sich die Engines unbeeindruckt und der Springerverlust auf a2 wäre tatsächlich der Remisweg gewesen, da Alex in der Zwischenzeit seinen König hätte entscheidend aktivieren und die weißen Bauern am Königsflügel beseitigen können.

Auch Jonas hatte in der Zeitnotphase etwas zu passiv agiert und war ebenfalls in einem Springerendspiel mit Minusbauern gelandet, das aber nicht so leicht zu verwerten war. Michael hatte in seiner bereits leicht besseren Position den richtigen positionellen Plan leider mit schlechtem Timing gespielt, so dass Fedorowsky die schwarze Initiative neutralisieren und in Zeitnot in ein ungleichfarbiges Läuferendspiel mit Mehrbauern abwickeln konnte, das Weiß exzellente Gewinnaussichten bot, da Michaels Bauern auch ungünstig platziert waren.

Nachdem Sebastian Bogner gegen Georg in der fünften Spielstunde mit sicherlich mehr Mühe als nach der Eröffnung erwartet den vollen Zähler gesichert hatte, musste sich dann auch Michael geschlagen geben, nachdem sein Gegner unter Läuferopfer drei Freibauern gebildet hatte, deren Voranschreiten von König und Läufer nicht verhindert werden konnte.

So war es wie am gestrigen Tag Jonas, der in der letzten laufenden Partie trotz der hier angewandten kurzen Fischer-Bedenkzeit von 90 Minuten/40 Züge + 30 Minuten/Rest + 30 Sekunden/Zug wieder fünf Stunden am Brett saß. Niclas Huschenbeth gelang es durch seinen Mehrbauern auf der b-Linie den weißen König und Springer für den Rückgewinn des Bauern so abzulenken, dass er seinen eigenen König aktivieren und die verbliebenen drei weißen Bauern am Königsflügel angreifen konnte. Bei sehr knapper Restbedenkzeit fand Jonas die zäheste Verteidigungsoption nicht, so dass Niclas unter Springeropfer schließlich einen Freibauern auf der f-Linie siegbringend verwandeln konnte.

Damit stand die nach dem Kampfverlauf insgesamt etwas zu hohe 1:5-Niederlage fest. Am morgigen Freitag haben wir es mit De Sprenger Echternach erneut mit einem luxemburgischen Team zu tun. Hier soll das positive Punktekonto wiederhergestellt werden.

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