Erneut Vizemeister im Blitzschach

Vize-Blitz-Mannschaftsmeister 2018: Jan Smeets, Pentala Harikrishna, Anish Giri, Erwin L’Ami und Borki Predojevic (v.l.n.r.)
(Foto: Rainer Falge)

Nur 48 Stunden nach dem verlorenen Stichkampf in Baden-Baden hat unsere I. Mannschaft bei den Deutschen Blitz-Mannschaftsmeisterschaften erneut den zweiten Platz errungen. Dabei gab es nach 27 Runden Blitzschach im Clemenssaal diverse Parallelen zur Bundesliga zu beobachten. Erneut landeten wir punktgleich mit dem erfolgreichen Titelverteidiger, den SF Bad Emstal/Wolfhagen, mit 50:4 Zählern auf dem geteilten ersten Platz. Wiederum wurde der Sieger im direkten Duell bezwungen und wie in der Bundesliga fehlten 2 Brettpunkte zum ersten Rang, da bei den Blitzmeisterschaften kein Stichkampf vorgesehen ist. Dennoch war die Enttäuschung deutlich größer als am Donnerstag, denn der Meistertitel wurde mit einem unkonzentriertem ersten Turnierdrittel vergeben, so dass trotz eines tollen Endspurts von 28:0 Zählern in der zweiten Turnierhälfte der erhoffte Titel vor eigenem Publikum und zu Ehren des langjährigen Teamchefs Herbert Scheidt knapp verpasst wurde. 

Die Titelkämpfe waren anlässlich unseres 150-jährigen Jubiläums erstmalig seit 2002 wieder nach Solingen vergeben worden. Damals war in den Räumlichkeiten der Firma Evertz auch unser letzter Blitz-Mannschafts-Titel geholt worden, so dass unser Topquintett – insbesondere nach der Niederlage vom Donnerstag – eine Wiederholung dieser Geschichte anstrebte. DSB-Präsident Ullrich Krause eröffnete die Meisterschaft mit einem Grußwort zum Vereinsjubiläum und ging auch auf die spezielle Situation für unseren Verein durch den Tod von Herbert Scheidt ein. Unsere beiden SG-Teams spielten mit Trauerflor und vor Turnierbeginn wurde das schachliche Lebenswerk unseres langjährigen Teamchefs noch einmal kurz skizziert und von allen Teilnehmern mit einem lang anhaltenden Applaus gewürdigt.

Danach startete das anstrengende Turnier über 27 Runden, das nicht nur durch die ausgezeichnete Besetzung mit 29 GM und 34 IM bestach, sondern vor allem durch die klimatischen Bedingungen im Clemenssaal verschärft wurde. Bei fast 30 Grad Außentemperatur kollabierte das Lüftungssystem im Turniersaal schon bald, so dass bereits nach einer Stunde echte Tropenatmosphäre herrschte. Doch die sehr umsichtige Turnierleitung in Händen von Hauptschiedsrichter Ralph Alt, Jürgen Kohlstädt und Dr. Marius Fränzel sorgte dafür, dass trotz der extremen äußeren Bedingungen niemals eine zu hitzige Atmosphäre aufkam.

Unser Quintett brachte in der Besetzung Anish Giri, Pentala Harikrishna, Borki Predojevic, Erwin L’Ami und Jan Smeets einen famosen Blitzeloschnitt von 2687 an die Bretter, doch das Siegerteam der beiden vergangenen Jahre vom SF Bad Emstal/Wolfhagen stand dem mit dem GM-Quartett Alexander Zubov, Vladimir Onischuk, Pavel Ponkratov und Pavel Maletin  und einem Durchschnitt von 2665 kaum nach. Zudem waren die SF Deizisau mit dem ehemaligen Vize-Weltmeister Peter Leko sowie Andreas Heimann, Zdenko Kozul und dem großen deutschen Hoffnungsträger Vincent Keymer kaum schwächer einzuschätzen.  Im Verfolgerfeld lauerten mit dem Deutschen Rekord-Blitzmeister FC Bayern München um die mehrfachen Deutschen Einzelblitzmeister Klaus Bischoff und Michael Bezold, dem DJK Aufwärts Aachen mit den beiden Ex-Solingern Florian Handke und Michael Hoffmann oder den mannschaftlich sehr kompakten SF Berlin um Ilja Schneider viele weitere Mannschaften mit berechtigten Ambitionen auf die Medaillenränge.

Leider missglückte der Start unserer Mannschaft völlig. Bereits in der zweiten Runde gab es eine überflüssige 1½:2½-Niederlage gegen den Erfurter SK, als Harikrishna gegen Altmeister Peter Enders verlor und schließlich auch Erwin L’Ami gegen Christian Troyke unterlag, nachdem er zuvor zweimal eine gewinnbringende Springergabel mit Damengewinn verpasst hatte. Das erste Spitzenduell mit den SF Deizisau stand bereits in der 6. Runde auf dem Programm. Nach einem Remis im Duell der beiden prominentesten Akteure Anish Giri und Peter Leko endete das Match nach einer Niederlage von Harikrishna gegen Andreas Heimann und einem Sieg von Jan Smeets gegen Vincent Keymer letztlich 2:2.

Parallel marschierte der Titelverteidiger SF Bad Emstal/Wolfhagen souverän durch das Feld und besaß nach 9 Runden mit einer makellosen Bilanz schon drei Mannschaftszähler Vorsprung, bevor sie gegen Deizisau ihre erste Niederlage hinnehmen mussten. Zwar konnte unser Quartett in der Folge die beiden starken Teams von DJK Aufwärts Aachen und Bayern München bezwingen, leistete sich aber in der letzten Runde vor der Pause einen weiteren Ausrutscher beim 2:2 gegen Bundesliga-Aufsteiger SG Turm Kiel. Somit betrug der Rückstand auf Bad Emstal wieder zwei Punkte, so dass das direkte Duell zwingend gewonnen werden musste, um die Titelchance zu wahren. Dies gelang beim 2½:1½ durch Siege von Pentala Harikrishna und Erwin L’Ami, was zu einem Zusammenschluss an der Tabellenspitze führte.  Alle drei Spitzenmannschaften lagen mit 24:4 Zählern gemeinsam in Führung, wobei die Hessen mit 48 ½ Brettpunkten einen stattlichen Vorsprung auf Deizisau (43 ½) und unser Team (42) besaßen.

In der zweiten Hälfte lieferten sich die drei Teams ein spannendes Fernduell, bei dem erst in der 24. Runde die SF Deizisau nach einem Unentschieden gegen den SV Oberursel und einer später folgenden Niederlage gegen den Düsseldorfer SK zurückfielen. Dagegen blieben die beiden Topmannschaften bis zum Ende ungeschlagen und unser Quintett holte schrittweise Brettpunkte auf. Doch auch wenn das russisch-ukrainische Quartett gegen unsere II. Mannschaft oder Bayern München etwas wackelte, konnten sie auch diese Kämpfe knapp gewinnen und retteten mit 82/108 zwei Brettpunkte Vorsprung über die Ziellinie. Daher gratulieren wir dem Team der SF Bad Emstal/Wolfhagen zum dritten deutschen Blitzmeistertitel in Folge, während wir uns wie im Vorjahr mit der Silbermedaille zufrieden geben mussten.

Unser Quintett war schon recht enttäuscht, durfte sich aber über den 1.Brettpreis von Anish Giri am Spitzenbrett freuen, der mit 24/27 das beste Ergebnis aller Teilnehmer erzielte. Tragische Figur war Erwin L’Ami, der mit 19½/21 am vierten Brett so stark agierte, dass er trotz deutlich weniger Partien noch den 2. Brettpreis gewann. Ausgerechnet seine einzige Niederlage kostete leider zwei am Ende entscheidende Mannschaftspunkte. Des weiteren holten Pentala Harikrishna 20/25, Borki Predojevic 19½/23 sowie Jan Smeets 7/12.

Erstrundenbegegnung: SG Solingen II – SG Solingen I
(Foto: Rainer Falge)

Während der SF Deizisau mit 47:7 Zählern die Bronzemedaille erreichte, holten sich die SF Berlin in der Besetzung Ilja Schneider, Dennes Abel, Rainer Polzin und Lars Thiede mit 41:13 Punkten knapp vor dem DJK Aufwärts Aachen (Falko Bindrich, Florian Handke, Michael Hoffmann, Cemil Gulbas, Michael Buscher) die letzten Hauptpreise sowie die begehrte Vorqualifikation für die nächsten Titelkämpfe, die dann am 01.06.2019 in Gladbeck stattfinden werden.

Einen ausgezeichneten 6. Rang erreichte unsere II. Mannschaft, die sich stets im Verfolgerfeld befand und um die Geldpreise mitkämpfte. Nach einem Fehlstart mit zwei Niederlagen gelangen der Mannschaft um Spitzenbrett Mads Andersen fünf Siege in Folge, wobei sie unter anderem die höher eingeschätzten Mannschaften des DJK Aufwärts Aachen und Bayern München bezwingen konnte. Die Bilanz zur Essenspause nach 12 Runden konnte sich mit 17:7 Zählern absolut sehen lassen. Nach fünf weiteren Erfolgen lag das Quartett 10 Runden vor Schluss mit 27:7 Zählern auf dem geteilten vierten Platz, konnte dieses exzellente Resultat jedoch nicht ganz verteidigen. Das letzte Turnierdrittel beinhaltete leider zwei knappe 1½:2½-Niederlagen gegen die Spitzenteams von Bad Emstal/Wolfhagen und SF Deizisau und drei weitere Verluste gegen die Bundesliga-Teams des Hamburger SK, SF Berlin und Aufsteiger SG Turm Kiel.

So waren es am Ende mit 36:18 Punkten vier Zähler Rückstand auf die Preisränge. Topscorer war Mads Andersen, der am Spitzenbrett mit 17½/27 ebenso überzeugte wie Jörg Wegerle mit 17/27 an Brett 2. Das Team wurde vervollständigt durch Markus Schäfer (9½/18), Alexander Naumann (12/18) und Dr. Daniel Schlecht (10/18).

Allen Preisträgern sei auf diesem Wege noch einmal herzlich gratuliert und allen Teilnehmern für ein schönes und faires Turnier gedankt!

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