Arbeitssieg in Runde 3

Eine durchschnittliche spielerische Leistung reichte aus, um in der dritten Runde des Europapokals auf Rhodos endlich den ersten Sieg einzufahren. Gegen die irische Mannschaft Gonzaga, die von der Besetzung mit einem deutschen Verbandsliga-Team zu vergleichen sein dürfte, kamen wir zu einem glanzlosen, wenn auch ungefährdeten 5:1-Erfolg. Dabei spielte sich Jörg Wegerle am Spitzenbrett mit einer hübschen Angriffsleistung seinen Frust nach dem verpatzten Auftakt von der Seele, während Markus Schäfer mit einer schönen Positionspartie überzeugte und damit weiterhin einziger ungeschlagener Solinger bleibt.

Selbstverständlich waren wir gegen die sympathischen Schachfreunde von der grünen Insel klarer nomineller Favorit, doch sie hatten am Vortag immerhin der wesentlich stärkeren Mannschaft des belgischen Meisters Eynatten ein 2:4 abgetrotzt. Zudem war es um unser Selbstbewusstsein nach der schwachen Vorstellung gegen Apeldoorn auch nicht zum Besten gestellt.

Dies wurde auch in der Eröffnungsphase deutlich:  Oliver Kniest stellte mit Weiß gegen Peter Hayes (2029) im achten Zug kompensationslos einen Zentralbauern ein und Andreas Peschel opferte in einer wilden Sniper-Stellung gleich drei Bauern, für die er bei richtigem schwarzen Spiel bestenfalls nebulöse Kompensation erhalten hätte.  Glücklicher Weise wollte Carl Jackson (1915) das Konzept mit einem Figurenopfer widerlegen, was jedoch taktisch überhaupt nicht funktionierte, so dass Andreas sofort eine Gewinnstellung erhielt und diese auch sicher nach Hause brachte.

Deutlich glatter verlief das Geschehen am Spitzenbrett, wo Jörg Wegerle mit Schwarz gegen David Murray (2162) – der am Vortag GM Robin Swinkels (2536) bezwungen hatte – in einer ruhigen c3-Sizilianer-Stellung das Geschehen verschärfte und einige Drohungen gegen den weißen König andeutete, die den Iren zu einer irreparablen Schwächung seines Königsflügels veranlassten, was Jörg zu einer hübschen Angriffs-Kurzpartie ausnutzte.  Bei Thomas Michalczak stand wie in der Auftaktrunde erneut ein ruhiger Italiener auf dem Brett, bei dem Kilian Delaney (2129) nicht den besten weißen Aufbau wählte. Danach wurde die Stellung plötzlich extrem zweischneidig, da Tom das Läuferpaar erhielt, dafür aber eine Schwächung seiner Königsstellung in Kauf nehmen musste. Delaney behandelte die Position dann jedoch an zwei entscheidenden Stellen zu statisch, so dass letztlich die Dynamik der beiden Läufer entscheidende Materialvorteile für Tom ergaben.

Der Siegtreffer zum 4:0 ging auf das Konto des bisher eindeutig besten Solinger Akteurs Markus Schäfer. Er wählte gegen die Moderne Verteidigung von Gordon Freeman (2056) einen nicht sonderlich ambitionierten Weiß-Aufbau, der aber genaues schwarzes Spiel im Ausgleichssinne erfordert. In der Folge nutzte Markus die kleineren Ungenauigkeiten seines Kontrahenten souverän aus und holte mit einer sauberen Positionspartie seinen ersten Sieg in diesem Turnier. Alles andere als sauberes positionelles Schach gab es dagegen bei Olli zu »bewundern«, der nach seinem fatalen Eröffnungs-Blackout tatsächlich von seinem Gegner noch zahlreiche Chancen eingeräumt bekam. In der Zeitnotphase hätte er sogar Vorteil erlangen können, ließ jedoch nicht nur diese Chance ungenutzt, sondern stellte unmittelbar danach die Partie endgültig ein, indem er den Übergang in ein für ihn völlig verlorenes Endspiel zuließ.

Zum Abschluss blieb nur noch die Partie von Milon Gupta, dessen Gegner Ray Byrne (1995) mit Weiß eine seltene Grünfeld-Theorievariante heruntergeblitzt hatte, die forciert zu einem völlig ausgeglichenen Endspiel führt. Dort agierte er dann deutlich unsicherer und stellte mit einem merkwürdigen Manöver seinen eigenen König patt, was Milon zu einer hübschen Demonstration zum Thema guter Springer gegen schlechter Läufer im Leichtfigurenendspiel nutzen konnte, so dass diesmal bereits nach etwa 4½ Stunden der Kampf beendet und der 5:1-Sieg eingefahren war.

Morgen geht es gegen die nominell ungefähr gleichwertige französische Mannschaft von Sautron, gegen die wir versuchen wollen, unser Punktekonto wieder ausgeglichen zu gestalten.

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